Von November 2020 bis März 2021 fanden zwischen Kloster- und Littenstraße in Berlin-Mitte straßenbauvorbereitende Ausgrabungen im Auftrag des Landesdenkmalamtes statt. Die Grabungsfirma pmp legte auf einer Gesamtfläche von gut 1.000 Quadratmetern zahlreiche Überreste des ehemaligen städtischen Quartiers unter der Grunerstraße frei.
Mit Resten der mittelalterlichen Stadtmauer aus Feldsteinen in Kalkmörtel konnte die östliche Begrenzung der mittelalterlichen Stadt freigelegt werden. Ihr Fundament war auf einem Sand-Erde-Wall errichtet worden, der als früheste Stadtbefestigung angelegt worden war. Wenige Meter westlich davon hatte sich eine mächtige Mauer des 17. Jahrhunderts erhalten.
Der Hauptteil dieser Fläche wurde von den Kellern der 1878–80 durch die Architekten Martin Gropius und Heino Schmieden errichteten und im Zweiten Weltkrieg zerstörten Königlichen Kunstschule eingenommen. Die Kunstschule an der Klosterstraße 75, deren Leitung Gropius gleichsam innehatte, diente der Ausbildung von Zeichenlehrern und Kunsterziehern. Der ehemals fast 48 m x 20 m große, L-förmige Flügelbau gründete mit seiner östlichen Umfassungsmauer auf einer äußerst sorgfältig errichteten mittelalterlichen Backsteinmauer. In Richtung Süden schloss ein gepflasterter Hof an, unter dem sich ungestörte Schichten des 13./14. bis 17. Jahrhunderts fanden.
Zehn Jahre nach der Entdeckung des Skulpturenfundes in der Rathausstraße regt jetzt eine neuerliche archäologische Entdeckung in der Stadtmitte Berlins die Auseinandersetzung mit der Kunst im Nationalsozialismus an. Ein Echo aus dieser Zeit sind Überreste von Gipsskulpturen und Gussformen, die aus den verschütteten Kellerräumen der 1945 zerstörten Kunstschule geborgen wurden. Nach dem Umzug der Kunstschule 1920 und dem Übergang in das Besitztum der Wertheim-Grundstücks-GmbH wurden vom Kultusministerium ab 1933 im Haus wieder Räumlichkeiten für Künstler angemietet. Hier befand sich während des Dritten Reichs eine der bemerkenswertesten Kunsteinrichtungen, die Ateliergemeinschaft Klosterstraße. In deren Räumen konnten auch kritische und zum Teil als „entartet“ geltende Künstler wie Käthe Kollwitz und Hermann Blumenthal arbeiten.
Landesdenkmalamt Berlin
B. Faensen, M. Malliaris, D. Rathert