Älteste Straße von Berlin entdeckt

Die Archäolog*innen des Landesdenkmalamtes Berlin haben kürzlich einen besonderen Fund am Molkenmarkt freigelegt. In Kooperation mit den archäologischen Fachfirmen pmp und Archäokontrakt wird derzeit die vermutlich älteste Straße Berlins aus dem 13. Jahrhundert freigelegt: ein mittelalterlicher Bohlendamm. Seit September 2021 erfolgt der Straßenumbau in der Stralauer Straße in enger Kooperation von Landesdenkmalamt und der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz sowie der beteiligten Fachfirmen. Bauvorbereitend zur Verlegung der unterirdischen Strom- und Gasleitungen werden auf den Flächen archäologische Arbeiten durchgeführt, denn unter dem Asphalt sind Zeugnisse aus der Berliner Stadtgeschichte enthalten.

Die hervorragende Erhaltung des fast 800 Jahre alten Straßenbelags ist unter anderem mit einer nahezu luftdichten, torfigen Abdeckung und einem feuchten Untergrund zu erklären.
© Landesdenkmalamt Berlin, M. Malliaris

Der Bohlendamm liegt leicht versetzt zur Flucht der Stralauer Straße ca. 2,5 m unter der heutigen Geländeoberkante. Das Bauwerk aus Eichen-, Kiefer- und Birkenstämmen verdankt seine außerordentlich gute Erhaltung einer mächtigen Torfschicht, welche die Hölzer über 700 Jahre lang luftdicht abdeckte. Es handelt sich um die früheste Befestigung der Stralauer Straße aus der mittelalterlichen Gründungszeit der Stadt.
Das hölzerne, aus drei Lagen bestehende Bauwerk konnte bislang auf einer Länge von mindestens 50 m nachgewiesen werden. Die Breite des Dammes beträgt ca. 6 m. Die oberste Lage bilden entrindete Stämme, die dicht an dicht quer zur Fahrtrichtung liegen. Sie ruhen auf drei parallelen Balkenreihen in Längsrichtung des Dammes: an den Rändern und in der Mitte des Straßenquerschnitts. Der Unterbau besteht aus dicken, grob bearbeiteten Stämmen. Die beiden unteren Lagen waren schon im Mittelalter nicht sichtbar unter Füllsand verborgen. Fehlstellen der obersten Lage wurden mit Feldsteinen ausgefüllt. Die aufwändige hölzerne Befestigung der mittelalterlichen Stralauer Straße nahe der Spree war wegen des hier besonders nassen Untergrundes notwendig. Der Bohlendamm ermöglichte eine sichere Passage vom Mühlendamm in Richtung Stralauer Tor. Ungewöhnlich ist, dass sich auf den Hölzern keine Spuren von Fuhrwerken eingegraben haben. Möglicherweise wurden die Hölzer schon sehr bald nach ihrer Fertigstellung von Planierschichten überdeckt.

Der mittelalterliche Bohlendamm aus Eichen-, Kiefer- und Birkenstämmen des 13. Jahrhunderts  wird von mehreren späteren, ebenfalls mittelalterlichen Straßenhorizonten überlagert. Die Straße wuchs immer weiter in die Höhe (s. Profil).
© Landesdenkmalamt Berlin, M. Malliaris

Die archäologischen Untersuchungen verfolgen das Ziel, Konstruktion und Ausdehnung der Straße genau zu erforschen und ihre Alter einzugrenzen. Alle Phasen der Konstruktion werden mit moderner Technik dokumentiert. Wegen der Verlegung der neuen Strom- und Gasleitungen wird der Großteil der mittelalterlichen Substanz zerstört werden. Der Bohlendamm des 13. Jahrhunderts unter der im Bau befindlichen neuen Stralauer Straße macht die mittelalterliche Tradition durch eine über 700 Jahre währende Nutzungskontinuität deutlich.

Weitere Informationen zu den Großgrabungen des Landesdenkmalamts: https://www.berlin.de/landesdenkmalamt/denkmalpflege/bodendenkmalpflege/grabungen/grabung-am-molkenmarkt/

Der mittelalterliche Bohlendamm aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts liegt ca. 2,5 m unter der heutigen Geländeoberkante der Stralauer Straße.
© Landesdenkmalamt Berlin, M. Malliaris
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