“Ringfall” am Molkenmarkt

Bei den archäologischen Ausgrabungen des Landesdenkmalamt Berlin wurde in der Verfüllung eines mittelalterlichen Brunnens ein außergewöhnlicher Fund geborgen. Es handelt sich um einen goldenen Fingerring mit einem dunkelroten, sogenannten Karfunkelstein. Der Schmuckstein, ein längsovaler im Cabochonschliff gehaltener Granat ist in eine doppelkonisch, im oberen Teil konkav gekehlten Fassung eingelassen. Farblich lässt sich der Stein als Böhmischer Pyrop bestimmen. Insgesamt misst der Ringkopf 0,7 x 1 cm.

Ring aus Berlin-Mitte, Goldfingerring mit Böhmischem Granat und floral eingefassten Nebensteinen aus Brunnenverfüllung (13./14. Jh.)
Ring aus Berlin-Mitte, Goldfingerring mit Böhmischem Granat und floral eingefassten Nebensteinen aus Brunnenverfüllung (13./14. Jh.). Foto: Landesdenkmalamt Berlin, Julia-Marlen Schiefelbein

Gegenständig auf den Schultern sitzend begleiten zwei sechspässig angelegte Blütenfassungen den Hauptstein. Eine von ihnen trägt einen elfenbeinfarbenen unregelmäßig ausgeformten Stein (Durchmesser von 0,02 cm), dessen Material bisher nicht näher bestimmbar ist. In der anderen Fassung ist kein Stein mehr erhalten. Die Ringschiene ist einfach, in einem ovalen Querschnitt ausgearbeitet und misst im Durchmesser 2 cm. Als Verbindungselemente zwischen Ringkopf und Schiene dienen trapezförmig gebogene Goldbleche. Aufgrund der keramischen Begleitfunde wird der Ring vorläufig in das 13./14 Jahrhundert datiert. Vergleichsbeispiele u.a. aus der alten Synagoge Erfurt und Dortmund-Hörde, Hörder Burg bestätigen diese zeitliche Einordnung.

Ringe wurden im späten Mittelalter von der privilegierten Bevölkerung getragen. Bei dem hier angeführten Exemplar handelt es sich um einen Schmuckring. Seine Gesamterscheinung wird durch die floral eingefassten Nebensteine zusätzlich hervorgehoben. Ob dieser gleichzeitig als Verlobungsring anzusehen ist, geht aus dem Fundkontext und der schlichten Gestaltung der Ringschiene nicht hervor. Ab dem 12. Jh. waren diese häufiger mit zwei sich ineinander fassenden Händen verziert, wie das Dortmunder Vergleichsbeispiel verdeutlicht.

Allgemeinhin wurden verlorengegangene Ringe im Mittelalter mit bösen Omina in Verbindung gebracht, entsorgte Ringe galten als Zeichen der Untreue. In jedem Fall muss der Umstand des “Ringfalles” für die Besitzer*in einen unwiederbringlichen Verlust dargestellt haben. Wie der Ring in den Brunnen gelangte, bleibt letztlich spekulativ. Wahrscheinlich rutschte er beim Wasserschöpfen vom Finger seiner Besitzer*in.

Julia-Marlen Schiefelbein, Anna Schimmitat

Archäologische Arbeiten zur Freilegung von Verfüllschichten des mittelalterlichen Brunnens, aus dem der Goldring geborgen wurde. Der vergangene Holzkastenbrunnen wurde von den Fundamenten der 1726 geweihten "Französischen Kirche", dem Gotteshaus der Hugenotten, überlagert.
Archäologische Arbeiten zur Freilegung von Verfüllschichten des mittelalterlichen Brunnens, aus dem der Goldring geborgen wurde. Der vergangene Holzkastenbrunnen wurde von den Fundamenten der 1726 geweihten “Französischen Kirche”, dem Gotteshaus der Hugenotten, überlagert. Foto: Landesdenkmalamt Berlin, Vera Hubensack
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